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Als Stefan Weickert gegen 9.20 Uhr den großen, unterirdischen Verhandlungssaal in der JVA Stadelheim betritt, wartet er nicht lange mit der Urteilsverkündung. Die Anwesenden, die sich gerade von ihren Stühlen erhoben haben, fordert er auf, gleich stehenzubleiben. Dann verliest er das Urteil: ein Jahr und neun Monate Haft auf Bewährung für Stadler und Giovanni P., den Mitangeklagten Ex-Motorenentwickler von Audi. Wolfgang Hatz, der frühere Motoren-Chef des Konzerns, verurteilt die Wirtschaftsstrafkammer zu zwei Jahren auf Bewährung.

Hinzu kommt eine Geldstrafe: Stadler soll 1,1 Millionen Euro zahlen, Hatz 400.000 Euro, P. 50.000 Euro. Das Geld geht in mehreren Tranchen an die Landesjustizkasse sowie an karitative Einrichtungen und Umweltschutzverbände, darunter der Bayerische Naturschutzfonds, der Malteser Hilfsdienst und die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft. Eine äußerliche Regung war sowohl bei Hatz als auch bei Stadler und P. während der Verkündung nicht zu erkennen.

Urteil fällt wie erwartet aus

Eine Überraschung ist das Urteil nicht. Hatz, Stadler und P. hatten schon vor Wochen ein vollumfängliches Geständnis abgelegt - allerdings erst nach mehr als zweijähriger Laufzeit des Verfahrens. Seit Prozessbeginn im September 2020 hatten Hatz und Stadler wiederholt ihre Unschuld betont. Erst nachdem das Gericht durchblicken ließ, dass angesichts der zu Last gelegten Vergehen auch eine Haftstrafe in Betracht kommen könnte, änderten Hatz und Stadler ihre Strategie.

Offen ist noch, ob die Staatsanwaltschaft zumindest gegen das Hatz-Urteil Rechtsmittel einlegt. Während sich die Behörde mit der Bewährungsstrafe für Stadler und P. zufrieden zeigte, fordert sie für Hatz nach wie vor eine Gefängnisstrafe.

Sprecherin Andrea Grape sagte deswegen: "Wir werden uns die Urteilsbegründung anhören und dann innerhalb der einwöchigen Frist entscheiden, ob wir gegen das Urteil vorgehen werden. Wenn wir in Revision gehen würden, müssten wir uns überlegen, ob wir die Strafzumessung angreifen. Also: Halten wir das Urteil für vertretbar. Das wird unsere Überlegung sein."

Milliarden-Schaden durch manipulierte Fahrzeugen

Das Gericht sieht bei den drei Angeklagten den Tatbestand des Betrugs als erfüllt - allerdings in unterschiedlicher Schwere. So rechnete die Kammer vor, Hatz und P. seien in rund 94.000 Fällen im Sinne der Anklage schuldig, Stadler in rund 17.000 Fälle.

Trotz einer bei Stadler seit Mitte Juli 2016 vorhandenen "gefestigten Überzeugung", dass bestimmte EU6-Diesel-Modelle von Audi mit einer möglicherweise unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sein könnten, habe Stadler den Verkauf dieser Fahrzeuge nicht gestoppt. Insofern habe Stadler auch vorsätzlich gehandelt.

Audi-Diesel - sauber nur auf dem Prüfstand

Bei den Mitangeklagten Hatz und P. setzte die Kammer noch früher an. Beide seien schon bei der Entwicklung der Fahrzeuge, die für den US-amerikanischen und den europäischen Markt gedacht waren, eingebunden gewesen und hätten frühzeitig von den bestehenden Zielkonflikten gewusst.

So stand Audi bei der Entwicklung der Fahrzeuge vor dem Problem, in den USA und Europa geltende Stickstoffoxid-Grenzwerte einhalten zu müssen. Gleichzeitig wollte der Konzern verhindern, dass die Diesel-Fahrzeuge mit zu großen AdBlue-Tanks zur Abgasreinigung ausgestattet werden.

Der Harnstoff kommt bei Modellen mit einem sogenannten SCR-Katalysator zum Einsatz und wird während des Abgasreinigungsvorgangs eingespritzt. Allerdings stellte sich bei Testfahrten heraus, dass die Autos auf der Straße zu viel AdBlue verbrauchten, um wirklich sauber unterwegs zu sein. Audi half mit einer Software nach, die dafür sorgte, dass die Fahrzeuge wenigstens auf dem Prüfstand weniger Schadstoffe ausstieß und so die Grenzwerte einhielt.

"Außergewöhnliches Verfahren"

Die Verlesung der Urteilsbegründung dauert noch bis zum späten Nachmittag. Die Folgen des nicht rechtskräftigen Urteils dürften mit Blick auf die noch längst nicht abgeschlossene strafrechtliche Aufarbeitung des Diesel-Skandals nicht unerheblich sein. Alleine vier weitere Audi-Manager sind angeklagt, allerdings ist unklar, wann ein Prozess stattfinden soll.

Gerichtssprecher Laurent Lafleur sprach nach der heutigen Urteilsverkündung von einem "außergewöhnlichen Verfahren, das auch die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Justiz ausgetestet hat. Nach über 170 Verhandlungstagen und über 190 gehörten Zeugen hat die Justiz diesen Test aber bestanden".

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